Perspektiven schaffen – drogenfrei leben – nachhaltig wirtschaften

Fleckenbühler Tage Herbst 2021

Ein Erfahrungsbericht

Für ein herbstliches Wochenende durfte ich an den Fleckenbühler Tagen auf dem Hof in Cölbe teilnehmen. Für mich eine große Ehre, da es sich um eine interne Veranstaltung handelt, in der über die Zukunft der Organisation debattiert wird. Meine Spannung war hoch, die Erwartungen unklar.

Der Hof ist mir bereits bekannt, ich habe jedoch bisher noch nie dort übernachtet. Mit dem E-Auto geht es normalerweise in ca. 70 Minuten von Frankfurt dorthin – es lohnt auch für einen Tagesausflug! Vor Ort bekam ich ein schönes, zweckmäßig eingerichtetes und sauberes Zimmer zugewiesen. Frisches sprudelndes Leitungswasser und der Ablaufplan standen bereit. Über dem Bett hängt ein Bild, gemalt von Ingrid Kaftan, einer Künstlerin und Bewohnerin seit den ersten Tagen.

Die Fleckenbühler Tage begannen mit einem Impulsvortrag von Ronald Meyer, dem Mitgründer und Vorsitzenden des Vereines. Vermittlung von Tradition, Werten und Regeln, inspirierende Worte für Neuzugänge und langjährige Mitbewohner. Der Saal hörte andächtig zu und man kann nur hoffen, dass sich eine Mehrheit dem Gehörten anschließen wird. „Selber dranbleiben“ ist die Kernaussage auf dem Weg zu einem drogenfreien und selbstbestimmten Leben.

Den Abschluss des ersten Abends bildete ein Nachspiel-Wettbewerb* der Häuser Leimbach, Hof Fleckenbühl und Haus Frankfurt. Mit Beifall und fünf Juroren wurde das beste Nachspiel präsentiert, verzehrt und gekürt. Der Sieger war das Haus in Frankfurt-Niederrad.

Die Nacht in Cölbe war ruhig und ziemlich kalt. Dafür gab es zum Ausgleich ein reichhaltiges Frühstück und Frühsport für die Beine mit Max und Ken. Bereits am frühen Morgen bekam ich gezeigt, welches Potential in den Bewohnern steckt und wie man mit einfachen Mitteln bei Techno-Beat effektive Sportprogramme entwickeln kann, abseits von Maschinenparks und Fitness-Zentren.

Am Samstag wurde das Thema Lebensmittel und Ernährung präsentiert. Als Seminarraum diente die Veranstaltungsscheune. Auf einer Bühne, zur Musik von „The Blues Brothers“, wurden elf Mitbewohner von Ludwig Seidl zu ihrer Geschichte, zu Ernährung und dem Leben in Fleckenbühl befragt. Anschließend präsentierte der Bewohner Lukas neue Möglichkeiten der umweltfreundlichen Verpackung von Lebensmitteln. Der Höhepunkt war überschrieben mit „Vertellekes, unsere Helden“, ein modernes Format, bei dem Christoph Feist die Gemeinschaft mit der Methode „Storytelling oder Heldenreise“ durch den Nachmittag führte. Den Abschluss bildete das Marburger Improvisations-„Fast Forward Theater“, welches den Tag humorvoll abrundete.

Der Sonntag begann natürlich wieder mit Max und Ken. Der Muskelkater in den Beinen war noch zu spüren, als wir mit einem normalen Handtuch die Arme stimulierten. Wer denkt, das sei einfach, der nimmt am besten Kontakt mit den beiden auf und lässt sich vom Gegenteil überzeugen. Der Vormittag diente dem Thema „Energie der Zukunft“: Im Rahmen einer Podiumsdiskussion wurde den staunenden Anwesenden erläutert, wie fortschrittlich die Fleckenbühler Energie erzeugen und verwenden. Welche Herausforderungen eine Gemeinschaft hat, zum Beispiel mit dem Schild „Der letzte macht das Licht aus“, automatischen Schiebetüren und Elektrogewinnung in einer passende Cloud-Lösung, all dies faszinierte den interessierten Zuhörer.

Als Fazit halte ich fest: Die Fleckenbühler sind eine Alkohol- und Drogenselbsthilfe mit riesigen Herausforderungen und modernen Ansätzen. Hier sind Bewohner und Bewohnerinnen versammelt, die ein gigantisches Potential haben, denn: „Dranbleiben“ ist ein erstrebenswertes Ziel. Wir, als Kunden, Spender, Befürworter dieser Lebensgemeinschaft können mit unseren Einkäufen und Spenden helfen – auch für uns gilt „dranbleiben“!

Reinhardt Damm

Mitglied des Beirates im „die Fleckenbühler e.V.“

*Das Nachspiel ist ein Stück Gebäck oder etwas anderes Süßes, das nach unseren Gesprächsrunden, die wir „Spiel“ nennen, gereicht wird. Man sitzt nach der Runde, in der es auch kontrovers zugehen kann, noch ein bisschen zusammen.

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