Perspektiven schaffen – drogenfrei leben – nachhaltig wirtschaften

Pädagoge und Visionär aus Leidenschaft

Berngard Fielenbach

Bernhard Fielenbach ist 72 Jahre alt und kommt aus dem Siegerland. Er war verheiratet, hat drei Töchter und einen Pflegesohn. Als Jugendlicher ohne Schulabschluss hat er Dreher gelernt und dann noch eine Ausbildung zum Ingenieur gemacht. Nach einer schweren Augenkrankheit und aus großem Interesse hat er Anfang der 1970er Jahren das Studium zum Diplom-Pädagogen nachgeholt. Johannes Heckmann hat ihn interviewt.

Früh hat er die erste Suchthilfeeinrichtung mit Freunden gegründet und seitdem erfolgreich in diesem Bereich gearbeitet. Er hat ein großes Netzwerk zu Ämtern, Unternehmen und Engagierten in der Jugend- und Suchthilfelandschaft. Zu den Fleckenbühlern, insbesondere zu Helga und Ronald Meyer, hat er seit 1974 Kontakt durch erste Suchthilfekongresse. Als Mitinitiator der SiT (Selbsthilfe im Taunus) hatte er große Erfolge. Er ist im Vorstand vom Requisit e.V. – Suchtprävention durch Theaterpädagogik.

Die Fleckenbühler: Was ist das Besondere am Konzept der Jugendhilfe Leimbach?

Bernhard Fielenbach: Das Besondere ist die entstandene Einheit aus Gemeinschaft und den pädagogischen Fachkräften und damit die gewachsene Identität als Jugendhilfe Leimbach. Die Kombination aus erwachsenen Bewohnern, den Jugendlichen und pädagogischen Fachkräften – quasi großfamiliär. Sieben Tage in der Woche, 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr durchgängige Hilfe und Betreuung. Und natürlich der Selbsthilfegedanke: Die Erkenntnis, dass man sich selbst helfen muss, ist notwendig, um sich weiterzuentwickeln und um ein selbständiges und zufriedenes Leben zu ermöglichen.

Die Fleckenbühler: Was motiviert Dich für Deine Arbeit?

Bernhard Fielenbach: Die über die Jahre erlangten Erfahrungen und das Wissen an die nächsten Generationen weitergeben zu können motiviert mich. Und im sozialen Bereich die Freiheiten zu haben, die Dinge zu tun, die ich für richtig und sinnvoll halte. Das allerdings nicht allein, sondern mit Leuten, die begeistert sind von dieser Arbeit und mit denen man zusammen das Wir-Gefühl einer Gemeinschaft entwickeln kann. Die verschiedensten Erfahrungen innerhalb der Fleckenbühler sind das Besondere. Soziale Erfahrungen, Berufserfahrungen, Biografien mit vielen Brüchen im Leben und auch Suchterfahrungen kommen zusammen und das Ziel ist dasselbe: Eine gute Jugendhilfearbeit leisten und damit Vorbild für einen zufriedenen Lebensentwurf zu sein.

„Alles was Dein Leben ausmacht, für das hast Du Dich entschieden! Übernimm Verantwortung für Dein Leben!“

Die Fleckenbühler: Wo sind die Grenzen Deiner Arbeit?

Bernhard Fielenbach: Für mich sind die Grenzen immer im Zusammenhang mit der Gemeinschaft zu sehen. Die Grenzen erweitern oder verengen sich mit der Entwicklung oder dem Rückschritt der Gemeinschaft. Es darf keine Alleingänge geben. Die Gemeinschaft ist nur so stark, wie wir mit dem schwächsten Mitglied umgehen. Der Job von Jugendlichen ist es, Grenzen auszutesten und zu überschreiten. Unser Job ist es, Grenzen zu setzen und dennoch wieder den Jugendlichen die Hand zu reichen. Das Konzept gibt Sicherheit mit Strukturen und Zielen. Die Gemeinschaft und der Einzelne geben durch ihre Bindungsfähigkeit die emotionale Sicherheit für den Jugendlichen, um sich zu entwickeln.

Die Fleckenbühler: Gibt es ein herausragendes Highlight bei Deiner Arbeit in der Jugendhilfe Leimbach?

Bernhard Fielenbach: Highlights sind immer wieder zu sehen und zu erleben. Wenn wir Jugendliche aufnehmen, die noch mit viel Widerstand und Resignation zu uns kommen, erleben wir, wie sie sich Schritt für Schritt der Gemeinschaft annähern und Beziehungen eingehen. Es ist dann schön zu sehen, welche Energie sie freisetzen, wenn sie den Widerstand aufgeben und erste schulische und berufliche Erfolge erleben. Besonders deutlich wurde mir das an folgender Geschichte: Ein junger Mann aus meiner alten Heimat, dem Siegerland, kam mit einer schwerwiegenden Suchtgeschichte in die Jugendhilfe. Nach anfänglichem Erfolg und Abstinenz kippte das Ganze und er ging in die Phase des Widerstandes und der totalen Verweigerung. Das Ergebnis dieses Prozesses war ein Einrichtungswechsel. Er wechselte mit der Unterstützung der Jugendhilfe Leimbach in die Erwachseneneinrichtung Hof Fleckenbühl. Er hat eine Entscheidung getroffen und dieses Angebot angenommen. Von diesem Zeitpunkt an ging seine Entwicklung zielgerichtet voran.

Er hat es geschafft und sowohl seinen Schulabschluss als auch eine Ausbildung erfolgreich absolviert. Der junge Mann kam dieser Tage als Gast zurück nach Leimbach. Mit seiner Freundin besuchte er die Gemeinschaft und zeigte ihr stolz den Ort, an dem er nüchtern geworden ist. Bei einem Gespräch mit Jugendlichen berichtet er: „Als ich hier ankam hatte ich nur eine Tüte in der Hand. Alles was ich jetzt habe, habe ich mir durch Leimbach erarbeitet!“ Dieser Erfolg und die Dankbarkeit haben mich zu Tränen gerührt.

Die Fleckenbühler: Was ist Deine große Leidenschaft in der Freizeit?

Bernhard Fielenbach: Natur, Wald, Tiere. Wir sind Teile der Natur. Wenn wir es schaffen, uns in den Rhythmus der Natur einzubringen, dann werden wir innerlich gereinigt. Das ist eines der wenigen Dinge, die ich von meinem Vater gelernt habe. Für mich ist die Natur insofern eine wichtige Stütze geworden, um den Prozess des Aufladens und Entladens selbst zu steuern. Das hält mich jung und gibt mir Energie und Entspannung. Bei der Schnelligkeit der Jugendlichen ist es für mich eine Herausforderung hellwach zu sein!

Die Fleckenbühler: Was planst Du für Deine Zeit nach Fleckenbühl?

Bernhard Fielenbach: Das überlege ich schon eine Weile. Ich habe ein Landhaus in Ungarn, vielleicht kann ich dort noch etwas entwickeln. Alles ist noch im Nebel und wird sich in den nächsten ein, zwei, drei Jahren auflösen und konkrete Formen annehmen.

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